Wer verwendet legale Anabolika?

Legale Äquivalente anaboler Steroide sind erst seit der zweiten Jahreshälfte 2011 kommerziell zugänglich, einige Sportler nutzen sie jedoch offenbar bereits seit Anfang des Jahres 2010.

Die erste Erwähnung von Xenoandrogenen in der offiziellen Presse (Agentur Associated Press) war die Nachricht über das russische Schwimmteam, das diese Stoffe bei der Weltmeisterschaft im Jahr 2011 in Shanghai verwendet haben soll.

Es gibt jedoch viele Anzeichen, die davon zeugen, dass eine wachsende Anzahl an Sportlern modifizierte Tocopherole/Tocotrienole und Nikotinamid als legalen (und auch untestbaren) Ersatz für „wirkliche“ anabole Steroide nutzt.

Die WADA-AMA, die Welt-Anti-Doping-Agentur, geht davon aus, dass bis zum Jahr 2014 Xenoandrogene 80 % des gesamten genutzten Dopings bilden werden (weltweit).

Hier ist die Übersetzung eines Teils des Gesprächs, das Aleš Vetchý, der Repräsentant der hiesigen Antidopingagentur, am 8. August 2011 der tschechischen Tageszeitung „Sport“ gewährte:

Herr Vetchý, in letzter Zeit wird viel von Xenoandrogenen im Sport gesprochen. Was sollen wir uns unter diesem Wort vorstellen?

Von diesen Stoffen wissen wir nicht viel. Praktisch befassen wir uns erst seit Anfang dieses Jahres mit ihnen. Einstweilen entschied die Welt-Anti-Doping-Agentur nicht über ihr Verbot, wir verfolgen daher nur aufmerksam die weitere Entwicklung in dieser Sache. Es wird wahrscheinlich mindestens ein Jahr dauern, ehe genaue Richtlinien und zuverlässige Tests zur Verfügung stehen werden.

Ist es wahr, dass Xenohormone in unserem Land mehr verbreitet sind als anderswo auf der Welt?

Ja, es scheint, dass dem so ist. Zumindest sieht es so aus, wenn wir unsere Angaben mit den Angaben unserer ausländischen Kollegen über Xenohormone vergleichen. Aber ich denke, dass das keineswegs mit einem größeren Maß an Betrug im Sport bei uns zusammenhängt. Das wird einfach von der Tatsache bewirkt, dass der einzige kommerzielle Hersteller modifizierter Tocopherole – was Xenoandrogene sind – gerade in unserem Land seinen Sitz hat.

Wie sollen wir den Terminus modifizierte Tocopherole verstehen?

Der Grundstoff ist dem Vitamin E sehr ähnlich. Es handelt sich gerade um eine Modifikation auf molekularer Ebene, die diese Substanz androgen und anabol macht. Ich muss allerdings betonen, dass Xenoandrogene in dieser Form erst seit 2008 bekannt sind, und daher ist es fast unmöglich, Fachleute zu finden, die mit diesem Bereich der Molekularbiologie vertraut sind.

Planen Sie also Xenoandrogene zu verbieten?

Solche Entscheidungen werden nicht von unserer Organisation getroffen. Das ist Sache der Welt-Anti-Doping-Agentur, wir implementieren die Regeln dann nur in unserem Land.

Sind Xenohormone gesundheitsschädliche Stoffe?

In diesem Augenblick sind wir nicht in der Lage, das zuverlässig zu beurteilen. Unter normalen Umständen dauert es Jahre, ehe ein neuer Stoff getestet ist. Gegenwärtig werden modifizierte Tocopherole und Tocotrienole nur als ursprüngliche Stoffe, also als Tocopherol und Tocotrienol, bewertet.

Meinen Sie, dass man Xenohormone verbieten sollte, auch wenn sich zeigen wird, dass diese Stoffe unbedenklich sind?

Ich denke ja. Doping dreht sich nämlich nicht nur um den Missbrauch von bedenklichen Stoffen. Vor allem ist das unfair. Diejenigen Sportler, die Zugang zu den neuesten Dopingformen haben, haben einen Vorsprung vor den anderen. Nach allem, was wir wissen, sind Xenoandrogene sehr wirksame anabole und androgene Stoffe, und sie sollten entschieden verboten sein, auch wenn wir bisher ihren Wirkungsmechanismus nicht genau verstehen.